Soll ich mein Buch in die Vorbestellung geben – oder lieber doch nicht?

Vor kurzem habe ich mit einem der bekanntesten Distributoren telefoniert. Im Namen einer Autorin, die sich bei mir für ihren Roman Unterstützung im Buch Bäm holt, wollten wir ihr Buch schon vor der Veröffentlichung zur Vorbestellung freigeben. Die Mitarbeiter des Anbieters haben mir jedoch von dieser Option abgeraten und sie mir ausgeredet – und ich war ziemlich perplex.

Denn Vorbestellungen helfen vielen Autoren, ihre Bücher besser an ihre Leser zu vermarkten und zu verkaufen. Und selbst wenn sie diese Möglichkeit nicht haben (etwa weil der Verlag oder Distributor diese Option nicht anbieten oder sie nicht im Web-Shop-Programm vorhanden ist), können sie die Weichen für die Vorbestellungen noch immer selbst legen.

(Mit Vorbestellungen meine ich nicht nur die Option, die Amazon-Selbstverleger bei KDP haben. Denn alle Autoren können für ihre Bücher über verschiedene Wege eine Vorbestellungs-Option einrichten. Hier findest du übrigens die Anleitung zur Einrichtung der Vorbestellungsoption bei Amazon KDP.)

Was ist jetzt dran an den Vorbestellungen? - Sehen wir uns das in diesem Beitrag näher an.

Soll ich mein Buch zur Vorbestellung freigeben oder nicht?

Der aktuelle Buchmarkt bietet Buchautoren viele Wege, wie sie ihre Bücher veröffentlichen. Eine der Möglichkeiten ist die Vorbestellungsoption: Verlagsautoren und Selbstverleger können ihre Bücher schon vor dem eigentlichen Veröffentlichungstermin für ihre Leser vorbestellbar machen.

Das bedeutet, dass Leser ihren Titel schon auf den Verlagsseiten, in den Online-Buchshops oder in ihren Webshops sehen und sich schon vor der Veröffentlichung ein Exemplar sichern können. Mit der Veröffentlichung bekommen sie es dann zum Lesen geliefert.

Der wichtigste Punkt bei der Entscheidung dafür oder dagegen ist aus meiner Sicht, dass der angekündigte Veröffentlichungstermin eingehalten wird. Denn im Endeffekt bestellt der Leser das Buch vor, damit er es zum angekündigten Termin bei sich hat und lesen kann. In der Praxis zeigt sich jedoch bei vielen Autoren, dass sich die angekündigten Termine oft aus unerwarteten Gründen nach hinten ziehen. Bei Verlagsautoren kommt es immer wieder vor, dass Verzögerungen bei der Produktion des Buchs eintreten und der Veröffentlichungstermin nicht eingehalten werden kann. Und bei Selbstverlegern tritt diese Situation wahrscheinlich noch öfter ein, weil sich Arbeitsprozesse in die Länge ziehen (Stichworte Cover-Gestaltung oder Manuskript-Überarbeitung). Gerade Selbstverleger, die ihren ersten Roman oder ihr erstes Sachbuch veröffentlichen, unterschätzen diese Arbeitsprozesse am Buch manchmal. Was nun aber nicht bedeuten soll, dass Debütautoren die Vorbestellungen nicht nutzen sollten. ;)

Was sind die Vor- und Nachteile der Vorbestellungs-Option?

Vorteile der Vorbestellungs-Option

Das Buch ist schon vor dem eigentlichen Erscheinungstermin bestellbar, obwohl es als eigentliches Ebook oder Printbuch noch nicht fertig ist bzw. existiert. Der Eintrag zum Buch sorgt im Internet schon vorher dafür, dass Leser das Buch finden, sich vormerken oder sofort vorbestellen und mit ihren Kontakten teilen. Im Grunde braucht der Autor dafür nur das Cover, den Klappentext und das Manuskript. Bis zum Veröffentlichungstermin können diese drei Elemente ausgetauscht werden (wobei ich beim Cover eher weniger dazu raten würde). So könnte man die Vorbestellungs-Option auch schon dann anbieten, wenn das Manuskript noch nicht fertig ist oder der Klappentext noch nicht 100% sitzt. Denn bis zum Veröffentlichungstermin ist noch Zeit, diese Informationen zum Buch zu laden.

Über die Vorbestellungsoption bekommt der Verlag oder Selbstverleger die Informationen, wie viele der Leser an dem Buch interessiert sind. Wer schon im Vorfeld Marketing für sein Buch macht, kann die Leser auf seine Verkaufs-Seite (Verlag oder Online-Shop) oder Vorbestell-Seite (Buchseite auf der eigenen Website) führen und die ersten Bestellungen bekommen und Kontakte der Interessenten einsammeln. Das ist besser als nur über das Buch zu informieren und keine Möglichkeit zu haben, schon im Vorfeld die ersten Bücher zu verkaufen und die Kontakte von Interessenten einzusammeln.

Nachteile der Vorbestellungs-Option

Auf den Seiten der Verlage und Distributoren gibt es bei den Büchern in der Vorbestellung noch keine Rezensionen oder Leseproben - und beides sind wichtige Argumente, die die suchenden Leser von einem Buch überzeugen und damit zu einem Verkauf führen. Bei einem eigenen Web-Shop lassen sich diese beiden Punkte jedoch in die Produkt-Seite einbauen (zB Testleser-Stimmen und Leseproben aus dem Manuskript).

Der Autor bekommt von den Interessenten und Käufern schon vor der Veröffentlichung Fragen, Nachfragen und Kommentare zum Buch – für die er Zeit zum Beantworten freimachen sollte.

In welchen Situationen macht die Vorbestellungsoption viel, wenig oder keinen Sinn?

Viel Sinn: Für Autoren, die ihre Bücher als Auflagendruck verkaufen

Wer den Weg des Auflagendrucks wählt, sollte für seine Leser immer eine Vorbestellungsoption anbieten. Denn mit der Vorbestellungsoption kann der Autor das Interesse am Buch und damit die Exemplar-Anzahl des Auflagendrucks besser einschätzen. Selbst wenn er die Auflage schon drucken hat lassen, weiß er durch die Vorbesteller, wie viel an Marketing und vielleicht auch Werbung er noch machen sollte, um die gesamte Auflage gut an die Leser zu verkaufen.

Einen Auflagendruck ohne Vorbestellungs-Option anzubieten, würde vielleicht noch in Frage kommen, wenn der Autor eine große Leser- oder Kunden-Liste hat oder mit und nach der Veröffentlichung regelmäßig Events und Veranstaltungen organisiert, wo er seine Bücher anbietet – und weiß, dass sein Publikum das Buch dort kauft.

Mehr zum Thema Auflagendruck findest du in diesem Blog-Beitrag.

Viel Sinn: Für Verlagsautoren und engagierte Selbstverleger

Für Verlagsautoren und engagierte Selbstverleger macht die Vorbestellungsoption ebenfalls viel Sinn.

Für Verlagsautoren macht die Vorbestelloption deswegen Sinn, weil die Sichtbarkeit des Buchs im Buchhandel oft von der Anzahl der Vorbestellungen abhängt. Bei vielen Verlagsautoren spielen Taschenbücher oft eine größere Rolle als bei Selbstverlegern (auch im Roman-Bereich) – und mit der Vorbestellungs-Option kann der Verlag die Auflage der Printbücher besser planen. Mit dieser Option kann er auch einschätzen, wie viel Aufmerksamkeit er dem Buch auf seiner Website und im Verlagsprogramm gibt.

Für Selbstverleger macht diese Möglichkeit deswegen Sinn, weil sich die Vorbestellungen auf den Verkaufsrang bei Amazon auswirken. Die meisten Selbstverleger möchten mit und nach der Veröffentlichung in die vorderen Verkaufsränge kommen – und je mehr Vorbestellungen und Bestellungen es rund um die Veröffentlichung gibt, desto besser für den Verkaufsrang bei Amazon. Aus den Reaktionen der Vorbesteller hören Selbstverleger auch, was sie im Vorfeld noch an ihrem Marketing oder Buch verbessern könnten.

Bei Verlagen bekommt der Autor meist mehr Unterstützung im Marketing. Als Selbstverleger kümmern sich die meisten Autoren meist selbst um ihr gesamtes Marketing. Und genau das ist auch der springende Punkt bei der Vorbestellungsoption, wenn Selbstverleger sie nutzen möchten: Wer in den Wochen vor der eigentlichen Veröffentlichung Lust und Power (und Geld) für das Bekanntmachen seines Buchs hat, sollte diese Möglichkeit nutzen.

Wann macht die Vorbestellungsoption keinen Sinn?

Die Vorbestellungsoption macht wenig Sinn, wenn der Autor den Veröffentlichungstermin nicht gut planen oder bestimmen kann. Denn wenn er den Termin nach hinten verschiebt, wirkt das nicht besonders positiv auf die Leser.

Die Vorbestellungsoption macht aus meiner Sicht auch wenig Sinn, wenn die Autoren im Vorfeld für das Buch kein Marketing bzw. keine Werbung machen möchten oder keine Zeit dafür haben. Denn als Selbstläufer wird der alleinige Eintrag beim Verlag, beim Distributor oder im Web-Shop selten funktionieren, um viele Leser für das Buch zu gewinnen. Meist müssen Selbstverleger noch ordentlich Marketing und Werbung machen, damit die Leser auf das Buch aufmerksam werden. (Und selbst Verlagsautoren müssen mittlerweile neben den Marketing-Maßnahmen des Verlags auch noch einiges an Marketing-Arbeit für ihr Buch übernehmen.)

In diesen Situationen macht es mehr Sinn, kurz vor der Veröffentlichung über die eigenen Marketing-Kanäle rauszugehen und den Followern und Abonnenten den Veröffentlichungstermin und die Informationen zum Bestellen mitzuteilen (Distributor, bestimmter Online-Shop oder eigener Web-Shop).

Was soll ich tun, wenn ich keine Vorbestellung anbieten möchte/kann?

Autoren, die keine Vorbestellungsoption anbieten möchten/können, sollten vor ihrer Veröffentlichung auf ihrer Website immer die Email-Adressen der Interessenten oder Käufer einsammeln und ihre Leser-Liste bis zur Veröffentlichung über das Buch informieren. Es ist ein großer Motivator, schon im Vorfeld zu sehen, dass die Interessenten-Liste am Buch wächst. Es motiviert zu mehr Marketing und Einsatz fürs Bekanntmachen des Buchs. :)

Kommentare von Autoren, die ich zu diesem Beitrag über Email erhalten habe:

Ein weiterer Grund für Vorbestellungen ist - für mich zumindest - dass ich eine Serie schreibe, in der pro Jahr 2 Bände herauskommen. Mit PreOrder kann ich Leser, die gerade den neuesten Band beendet haben, sogleich den nächsten bestellen lassen und "verliere" sie nicht in der langen Zeit des Wartens, sondern schnappe sie dort und dann, wenn sie am interessiertesten sind, weiterzulesen (nämlich im Ebook direkt nach dem Wort "Ende" mit dem Link zum nächsten Band, bzw beim letzten Buch dem Link zum PreOrder). Sprich: mein nächster Band wird auf preorder gestellt, sobald der aktuelle herauskommt.

Da SerienautorInnen zumeist keine absoluten Neulinge mehr sind, die ihre Zeit (noch) nicht abschätzen und einteilen können, ist das eine Methode, die ich jedem Serienautor nur empfehlen kann. Funktioniert am besten natürlich bei den amazon Ebooks, bei tolino nicht, da die keine Links im Buch haben wollen, die zu konkreten Plattformen führen, da sie die Bücher ja auch auf nook, kobo etc anbieten (also zumindest, wenn man wie ich diese Option nützt, weil es mir noch zu mühsam ist, das ebook auf allen Plattformen selbst hochzuladen).

Und ich persönlich finde den dezenten Druck, den der fixierte Veröffentlichungstermin macht, gar nicht so schlecht ... :-)

Liebe Grüße aus der nebeligen Steiermark

Marion - www.marionwiesler.at